Buchcover
László Garaczi

Metaxa

Roman
2015
gebunden , 13 x 21 cm
136 Seiten
Aus dem Ungarischen von György Buda
ISBN: 9783854209706
€ 19,00

AUTOREN

Textauszug

Karcsi saß zu Hause am Fenster und hörte Musik, Radiohören wurde zu seiner einzigen Leidenschaft, er ging nirgends hin, traf niemanden, hatte zu essen, zu trinken, ja, auch zu rauchen und genug, sich volllaufen zu lassen, wurde es finster und gab es auf der Straße nichts mehr zu sehen, lauschte er dem Radio mit geschlossenen Augen, Balatonfüred, sagte er bei Tisch, hör mal, gibst du mir bitte die Zahnstocher, abgesehen von der Zeit, da er isst, schläft, trinkt oder raucht, kaut Karcsi an Zahnstochern herum, er schmatzt mit Zahnstocher im Mund, man hat ihm das Radiohören verboten, was er nicht versteht und nicht verzeihen kann, aus Rache arbeitet er in seinem Zimmer beim Waschbecken an einer Wand aus Bartstoppeln, nach der Rasur klebt er die Stoppel einzeln an die Fliesen, der Putzfrau hat er verboten, sie zu entfernen, er hat schon eine halbe Handfläche Stoppelwand fertig, er plant, das erste Bartstoppelzimmer der Welt herzustellen, Karcsi beschäftigen die grundlegenden Fragen des Lebens, die Menschen sind gleich, sagt er immer, sie sind wie die Gelsen, es gibt keine Vergangenheit, die Zukunft ist ausgestorben, die Gegenwart ist verworren, er mag auch die Träume nicht, insbesondere nicht die allzu deutlichen, er mag nicht in der eigenen Seele wühlen, die Chancen auf Heilung, wenn man schon geheilt werden soll, sieht auch er im kreativen Verdrängen, da sind wir einander ähnlich, und er versteht nicht, was er hier zu suchen hat, verdrängen, geheilt werden, sich in der Gesundheit verlieren, das kann er zu Hause auch, unser glaubwürdigstes Gefühl ist Ekel, wenn wir uns ekeln, sind wir, Ekel ist etwas Positives, Ekel ist sinnlich und erhaben, ich nehme mein Orfiril ein und schmeiße die Xanax-Pillen in die Büsche, ich verwandle mich durch die Medikamente, meine Stimme wird tiefer, meine Haare werden heller, meine Erinnerungen werden andere, ich benutze neue Wörter, die Chemikalien verändern mich, was bedeutet, ich bestehe aus Chemikalien

Metaxa ist das Geständnis eines jungen Musikers, der zwischen zwei Frauen aufgerieben wird, eines Künstlers, der seinen Ort in der Welt nicht finden kann. Eigentlich lebt er in überaus glücklichen Umständen: er ist verliebt, er hat Arbeit, er reist mit einem Streichquartett um die Welt (was im postkommunistischen Ungarn ohnehin schon ein Inbegriff von Glück ist).

Aber bei einer dieser Tourneen, in den USA, gerät sein Leben aus den Fugen, die Begegnung mit einer Frau lässt ihn Verantwortung, Verpflichtung und Vergangenheit vergessen. Zurück in Ungarn, versucht er, gewissermaßen beide Eisen im Feuer zu halten – doch stattdessen geht in diesem Feuer nun alles zugrunde, seine Beziehungen, seine Karriere und sein gesunder Verstand. Zu dem Geständnis kommt es in einer Nervenheilanstalt, einem Ort, randvoll mit Geschichten der seltsamsten Art, Geschichten von äußerster Bitterkeit und Tragik wie auch von grotesker Komik. Es gibt keinen Trost in diesem Sanatorium und auch nicht in diesem Roman, es gibt nur eine jede Lebensordnung und -planung auflösende Ironie.

László Garaczis Roman Metaxa ist mit seinem Humor, seiner verspielten Sprache und seinem genauen, manchmal grausamen Bild der Wirklichkeit ein sehr intensives Porträt einer hoffnungslosen, aber absurd komischen Welt, in der wir alle zuhause sind, ob innerhalb oder außerhalb einer Nervenheilanstalt.

Presse

»Nur allzu gern überlässt man sich dem Sog dieser energiegeladenen, tragikomischen Aufzeichnungen eines Losers. Dem ungarischen Wortkünstler László Garaczi ist – einmal mehr – ein Glanzstück gelungen.« (Ilma Rakusa, NZZ)

Ein »intensives Portrait einer hoffnungslosen, aber absurd komischen Welt – der Autor versetzt uns in eine Nervenheilanstalt, randvoll mit Geschichten der seltsamen Art.« (Neues Deutschland)

»Wer sich darauf einlässt, wird mit viel Ironie und absurdem Sprachwitz belohnt.« (Birgitta Negel-Täuber, EKZ)

»László Garaczi erweist sich auch dieses Mal wieder als Meister des vagabundierenden Blicks, als genauer Regisseur jener Bewusstseinsströme, die seine Figuren konstituieren.« (Cornelius Hell, ORF ex libris)

»Die Geschichte um einen jungen Orchesterbratschisten, der bei einer Konzertreise in die USA eine schicksalhafte Begegnung macht, an der seine Beziehungen, seine Karriere und sein Verstand zugrunde gehen, hat die Kritiker hin- und mitgerissen.« (Perlentaucher, Beste Bücher)

»Eine atemlose Reise in die groteske Welt eines aus dem Gleichgewicht geratenen Geistes.« (Katrin Holtz, Budapester Zeitung)

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