Buchcover
Ingram Hartinger

Über den Versuch

1999
kartoniert , 11,5 x 18 cm
68 Seiten
ESSAY 39
ISBN: 9783854205081
€ 9,50

AUTOREN

Textauszug

Die Angst indes vor dem Anfang, vor der Tyrannei des Möglichen. Ich für meinen Teil will dennoch, denkt es sich unentwegt in mir – und zugleich will ich, daß solcherart überallhin diffundierendes Denken noch einmal gutgeht –, ich möchte bis zum Ende dieses Versuchs all das Unwichtige, Unscheinbare, gründlich Verspottete aufschreiben, auflesen vom Boden alles, was mir zwischen die Finger kommt und quasi als Unbeachtetes dennoch einen Versuch wert ist. Aufklauben, verlieren, zurückrufen. Die Worte, zusammengefügt dann z. B. zu einem Gedichtkopfkissen, Kopfpolster der Landschaft, des gesegneten Orts, jenseits von Rand und Tand und Band, ein Ruhekissen jenseits der Dinge.

Lyrische Bildhaftigkeit, die dabei in uneingestandene metaphysische Bereiche vordringt. Denn ein Sammler von Wortlumpen, Satzfetzen bin ich vielleicht, rastlos und eher unbedacht, einer, der sich zusammenkettet mit mehrsilbigen Metaphern von Zerstörung oder Negation, Verwesung und Wandel. Um hinter die Phänomene zu schauen? Nein. Aber zuweilen baumelnd im Netz seines hilflos sozialen, kontestierenden Denkens, gleichzeitig sich verheddernd in der prismatischen Sphäre zeitweiliger Resignation. Ist, denke ich, das Ende des Traums bereits in Sicht?

»Versuch über einen vielfältigeren Versuch« nennt Hartinger diesen neuen, leidenschaftlichen Text, und er nimmt damit die ursprüngliche Bedeutung des Begriffs ›Essay‹ wörtlich. So umkreist er diesen Genre-Begriff auf mehreren Ebenen und behält den existenziellen Ernst hinter dem Bedeutungsfeld von versuchen/üben/spielen stets im Auge.

Hartinger lesen: Noch während wir dem Autor zuhören, wie er uns von seinem Aufenthalt in Japan erzählt, wo dieser Essay entstand, entzieht er uns unmerklich (und manchmal auch abrupt) den Boden unter den Füßen, den festen Boden des Vertrauens in seine Rede, in die Zuverlässigkeit seiner Mitteilungen. Konventionen des Redens genauso wie der literarischen Kommunikation sind das Kreuz, unter dem das ursprüngliche, das authentische, das nichtentfremdete Sprechen leidet. Obwohl er »die Befreiung aus dem System noch immer im Auge« hat – und ›das System‹ ist mehr als die bloß gesellschaftlichen Zwänge –, ist der Autor in seiner Position grundsätzlich erschüttert: Der Versuch bildet somit auch eine Suche nach einer Position, ein Versuch auf Leben und Tod.

Presse

»Hauptsächlich über das Schreiben des Schreibers über das Schreiben, wie auf einer Theorie-Wendeltreppe ins Unendliche der Sprachgedanken … Kluge Eloquenz und störrische Eleganz.« (Franz Haas, NZZ)

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