Buchcover
Hans-Jürgen Heinrichs

Der Wunsch nach einer souveränen Existenz

Georges Bataille: Philosoph. Dichter. Kunsttheoretiker. Anthropologe.
1999
kartoniert , 11,5 x 18 cm
180 Seiten
mit Fotos
ESSAY 38
ISBN: 9783854205104
€ 14,00

AUTOREN

  • Hans-Jürgen Heinrichs

Textauszug

Batailles Werk hat nicht nur diejenigen angezogen, die es in seiner Vielschichtigkeit lieben und es gerade darin belassen wollen, sondern auch die Spezialisten, die es in Sektionen aufteilen: Bataille und die Ethnologie, … die Psychoanalyse, … die Soziologie und Archäologie, … die Philosophie, … die Kunst, die Kunsttheorie und Literatur … Wenn man diesem Spektrum einen übergeordneten Bezugspunkt zuordnen möchte, dann ist es Batailles Wunsch, die Strukturen – seien es diejenigen in der Gesellschaft oder irgendeines Werks der Kunst oder des Denkens – zwar mit Hilfe der vorhandenen Forschungsmethoden weitgehend zu erfassen, ihnen aber doch an keiner Stelle einen Eigenwert zuzumessen. Er wollte sich nicht selbstgefällig der Analyse überlassen, sondern die Synthese und Synopsis auf künstlerische Weise erreichen, komponieren.

Es ist die poetische Dimension – die Öffnung auf das Souveräne hin, das Spiel der Assoziation und Phantasie, die Überschreitung und das Grenzverletzende –, die sein Interesse an anderen Werken weckte und die er in seinem eigenen Schreiben zu entfalten versuchte. Dies heißt für ihn immer auch, sich nicht von den eigenen Berührungsmomenten, vom eigenen Schrecken und der eigenen Zärtlichkeit abzukoppeln.

Michel Leiris hat einmal von der »halb objektiven, halb leidenschaftlichen Schreibart« bei Bataille gesprochen, von der Begründung seiner diversen Interessen im Erotischen und wie er die Erotik und Heiterkeit benutzte, um sich nicht in der Enge der selbstherrlichen Gesten und des sich omnipotent wähnenden »Großartigen« zu verfangen. Bataille, dieser nonkonformistische Geist, erfüllt von schwarzem Humor, beißender Ironie, romantischen Allüren und tiefgründiger Eleganz, die im Alter einem eher schwerälligen Auftreten weichen mußten; dieser Pathetiker des Verschwindens und der Verneinung, der doch auch der Dada-Bewegung ein beherztes Ja entgegenrief.

Georges Bataille (1897–1962) ist einer der einflussreichsten Denker dieses Jahrhunderts: eine schillernde, vielseitige Persönlichkeit, die sich von keiner der gerade aktuellen Strömungen vereinnahmen ließ.

Hans-Jürgen Heinrichs, ausgewiesener Kenner der intellektuellen Bühne Frankreichs und als Autor selbst zwischen Ethnologie und Literatur zuhause, legt mit seinem material- und kenntnisreichen Essay ein Portrait Batailles vor, das die Umrisse seines Denkens herausarbeitet, dessen Fragestellungen pointiert, ihn in seine Umgebung eingliedert und seine Widersprüchlichkeit nicht einzuebnen versucht. Mit spielerischer Leichtigkeit verfügt Heinrichs über das deutsche und französische Material (an Primär- und Sekundärliteratur) und konzentriert sich auf einige der crucialen Begriffe der Batailleschen Welt: die Souveränität, das Obszöne, das Heilige, das Unmögliche, die Überschreitung …

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