Buchcover
Helga Glantschnig

Kamel und Dame

57 Tierlieben. Gedichte
2000
gebunden , 13 x 21 cm
72 Seiten
ISBN: 9783854205463
€ 15,50

AUTOREN

Textauszug

Mondkalb und Frau

Wie ist es schön hier auf
dem Mond, ohne Mode, Müll
und Möbel! Ein Mondtanz voll
mit Mozart gefällt mir allemal.
Horch, du buntes Wesen! Im
Vollmond um halb oder drei-
viertel vier nimmt meine Liebe
zu und ab und ab und zu. Aber du
mein Kalb bist nicht zu alt und
nicht zu kalt. Halt, tanzen wir!
Einen Mondtanz um halb vier.
Da ist schon ein Klavier!

Frau und Herr Biene

Frau Biene summt auf Samt und
Seide, Salz und Sellerie. Sum!
Nach dem Zitroneneis summt
sie instinktiv weiter. Sum!
Dann sticht sie froh ein Über-
bein. Knapp fliegt ihr Mann
heran. Mara, Maja, Monika! Ruft
er summend aus, Mädchenfrische!
Du Wepsige! Wir müssen zu Rosen,
Reben, Rosinen! Denn du sollst
eine Honigsammlerin sein!

Wenige Autoren und Autorinnen sind so vielseitig wie Helga Glantschnig. Sie schreibt Romane, sie publiziert feministische Essays und philosophische Aufsätze, sie stellt kulturhistorische Untersuchungen (über das Eislaufen) an und sie veröffentlicht Gedichte – Anagramme und neuerdings Tiergedichte. Der Werkkatalog allein macht es schon deutlich: Diese Autorin bewegt sich quer zu den oft undurchlässigen Grenzen von ›schwierigen, avancierten‹ Texten hie und erzählend-narrativer Literatur da.
Kamel und Dame, Störchin und Storch, Papagei und Mama, Herr und Häsin, Flamingo und Flamingo, Eidechse und Echse – solcherart sind die tierischen Paarungen, die Helga Glantschnig in ihrem neuen Gedichtband nach Art von Versuchsanordnungen vornimmt. Worum es bei diesen Experimenten geht? Um unsere Bilder von den Tieren und von der Liebe und vor allem: um die Sprache, mit der aus Tieren und Liebe Erkenntnis zu gewinnen sei.

Animalisch geht es zu in diesen Tierlieben – und auch wieder nicht: Die Autorin (haustierlos!) sieht und hört, egal, ob als Grille, Kater, Delfin oder Silberfisch, immer dieselben Damen und Herren sprechen, nämlich die höchst witzig ironisierten Figuren unserer bekannten diversen Geschlechterverhältnisse.

Presse

»Helga Glantschnig zimmert aus Klang und Anklang eine Arche zwischen die holzfarbenen Buchdeckel und nimmt die geladenen Tierpaare auf eine Reise ins Menschliche mit.« (Kathrin Schmidt, Die Welt)

»Ein animalerotisches Brevier … an diesen Heiraten gibt’s nichts zu mäkeln und zu deuteln, und wer von Verstehen reden möchte, hat sich bereits um den Genuss gebracht.« (Bruno Steiger, NZZ)

»Die Tierlieben der Helga Glantschnig zählen zu den unauffällig prachtvollsten Exemplaren ihrer Gattung.« (Petra Nachbaur)

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