Buchcover
Christian Futscher

Nidri

Urlaub total
2000
Handgebunden mit Leinenrücken in Schuber , 11 x 16 cm
112 Seiten
ISBN: 9783854205500
€ 110,00

AUTOREN

Textauszug

»›Schrille Schreie puren Entsetzens‹ drangen durch die Stille« an mein linkes Ohr.
»Es war der Hund …« – Anfang des Wälzers, den sie liest. Er macht sich lustig über ihr Gefesseltsein vom Krimi.
Er schaut rüber zu ihr, schnappt auf aus dem Krimi siehe oben. »Ha, so ein Quatsch!«
»Im Kontext ist das o.k.«
»Es stockt.«
»Das ist dein Problem.«
»Ich komme mit meiner Urlaubsgeschichte nicht weiter …«
»Ein grünes Eiland erhebt sich aus dem Wasser
(Sommergeschichten lesen die Leute am liebsten)«
»Eiland?« Er unterbricht sie immer bei der Lektüre des Krimis.
»Das ist Sagte-er-und-zündete-sich-eine-Zig.-an-Literatur!« sagte er und zündete sich eine Zigarette an. Eine ätzende Urlaubsgeschichte will er schreiben, das hat er vor dem Urlaub schon gesagt.
Mit scharfem Blick die Idylle sezieren
Touristenleichen pflastern seinen Weg, vernichtende Kritik, bösartig bis zum Geht-nicht-mehr. Das Meer ist ein fades Etwas, blau, und Schiffe schaukeln darauf.
»Da ist es total angenehm, obwohl Mittag ist«, sagt sie. Er schaut sich ein paar nackte Brüste an.
»Ich geh ein Bier trinken!«
»Nein!«
»M. Lowry, E. Hemingway …«
»Trotzdem. Wir haben einen Wein.«
Er fragt sich: Warum liest hier niemand Bücher von Zauner, Glück oder Hell? Hell zumindest, denn das würde zum klimatischen Dings passen, ich meine …

10 handgebundene Exemplare mit Marmorpapier, Leinenrücken, mit einem beigelegten mehrzeiligen Autograf, signiert und numeriert im Impressum. In Schuber. Buchbinder: Alois Gutmann

Ein junges Paar macht Urlaub in Griechenland. In der Beziehung kriselt es, nicht zuletzt deshalb, weil der junge Mann versucht, während des Urlaubs eine Urlaubsgeschichte zu schreiben bzw. Stoff dafür zu sammeln. Dabei ist ihm als Material alles recht, sowohl seine Vergangenheit (Erinnerungen an frühere Urlaube) wie auch die Gegenwart (er schreibt mit, was seine Freundin sagt, während er schreibt); er stellt Listen auf, worüber er schreiben wird, wenn er wieder Zeit dazu hat, er zitiert aus den mitgenommenen Büchern … all das gerät durcheinander: Listen, Aufzählungen, Erinnerungen, die Gegenwart – und darunter leidet natürlich die »Arbeit«: je totaler der Anspruch (siehe Untertitel), desto skizzenhafter bleibt der Roman, voller haarsträubender Fehler und dürftiger »Stellen«, voller Tippfehler und grammatischer Ungereimtheiten.

»Ich finde, Häuser wirken toll, solange sie noch nicht fertig sind. Später sind sie meist grässlich«, sagt Frank O. Gehry. Ganz in diesem Sinne wendet sich Christian Futschers Geschichte gegen die fertiggeschriebene Meistererzählung und kehrt zur Freiheit der Anfänge zurück.

Presse

Futscher macht in Nidri »das Konzept, das Unfertige, Fragmentarische, das Unredigierte zum Programm. Der subversive Gestus macht aus diesem Unterfangen ein ironisches Schreib-Such-Bild, dem man sich durchaus gerne aussetzt.« (SCHRIFT[zeichen])

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