Buchcover
Antonio Fian

Bohrende Fragen

Dramolette IV
2007
gebunden , 13 x 21 cm
200 Seiten
ISBN: 9783854207160
€ 19,00
als ebook erhältlich

AUTOREN

Textauszug

Idyllen, die es niemals gab: Rilke und seine Mutter

»Hätt’ ich doch eine Mutter besessen, so im tiefsten
Grunde mühefroh und mühefromm.« (Rainer Maria Rilke)

(Paris, Spätherbst 1913. Mansardenzimmer. Im Bühnenvordergrund an einem Schreibtisch der Dichter Rilke. Im Bühnenhintergrund, bügelnd, eine ältere Frau in Filzpantoffeln und einer bunt gemusterten Kleiderschürze: Rilkes Mutter.)

RILKE (dichtend): Tränen, Tränen, die aus mir brechen –
RILKES MUTTER: Schneuz dich!
RILKE (schneuzt sich): Mein Tod, Mohr, Träger / meines Herzens, halte mich schräger, / daß –
RILKES MUTTER: Halt dich grad!
RILKE (richtet seinen Oberkörper auf): Daß sie abfließen. Ich will sprechen
RILKES MUTTER: Wart, bis du am Wort bist.

(Pause)

RILKES MUTTER: Jetzt.
RILKE: Schwarzer, riesiger Herzhalter. / Wenn ich auch spräche, / glaubst du denn, daß das Schweigen bräche?

(Pause. Rilke blickt verstohlen zu seiner Mutter.)

RILKE (leise): Biege mich, Walter.
RILKES MUTTER: Dicht richtig!
RILKE: Diesmal hätte ich gewettet, daß du nichts merkst.
RILKES MUTTER: Eine Mutter merkt alles. Weiter.
RILKE: Wiege mich, Alter.
RILKES MUTTER: Gut. Und jetzt ab ins Bett.

(Rilke ab.)

(Vorhang)

Robert Menasse schaut sich die Millionenshow an, Jörg Haider erzählt seinen Enkeln Heldenmärchen, Rilke besucht den Bundeskanzler – das sind die Situationen, in denen Antonio Fian die Prominenz aus Kultur, Politik und Journalismus ertappt; aber auch das ›einfache Volk‹, zwischen Proletariat und Bourgeoisie, ist dramolettfähig: Passanten warten auf die richtige Straßenbahn, Herr Arbeiter erklärt Frau Arbeiter, warum der Gewerkschaftschef zurücktritt, Väter beteiligen sich an der Säuglingspflege, und wenn der Sommer vorbei ist, werden am Wörthersee allerhand traurige Dialoge geführt.

Bohrende Fragen ist Fians vierter Dramolette-Band, und auch er enthält, wie die vorigen, kurze, kürzeste und längere Stücke, teilweise bereits aufgeführt. Alle zeigen sie Fians Virtuosität in der Reduktion des allseits geäußerten erhabenen Unsinns auf die Lächerlichkeit, die ihm innewohnt und die mit unbarmherziger Genauigkeit bloßgestellt wird. Kein Schriftsteller seit Qualtinger hat die österreichische Befindlichkeit so umfassend abgebildet, seien es die Zirkel der Intellektuellen oder der gemeine Stammtisch, wie der in Wien lebende Kärntner Antonio Fian.

Presse

»78 Meisterstücke.« (Wiener Zeitung)

»Aus dem angestrengten Ernst der anderen wächst Antonio Fians eigene Kunst. In den Witz rettet sich der österreichische Antipathetiker und mit diesem auch uns.« (Paul Jandl, NZZ)

»In Fians Dramoletten regiert der pure Sprachwitz.« (Wolfgang Kralicek, Falter)

»Miniaturskizzen von Karl-Kraus’scher Bösartigkeit.« (Profil)

»Ob er Prominente aus der Kultur und Politik aufs Korn nimmt oder Herrn und Frau Nebenan: Seine Kritik mag spöttisch und scharf sein, verletzend ist sie nie: Dank seines feinen Humors.« (Peter Pisa, Seite vier)

»Die spitze Feder von Antonio Fian macht vor Nichts und Niemandem halt – ein wahrer Leckerbissen.« (Conny Stachl, Megaphon)

»Antonio Fian montiert virtuos Worthülsen, die ihm aus Ministerien, Lifestyle-Magazinen und von Stammtischen entgegendröhnen, zu satirischen Texten.« (Falter, Best of Vienna)

»Selten so gelacht!« (Walter Fanta, Literaturhaus Wien)

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