Buchcover
Iris Hanika

Wie der Müll geordnet wird

Roman
2015
gebunden , 13 x 21 cm
304 Seiten
ISBN: 9783854209621
€ 20,00
als ebook erhältlich

AUTOREN

Textauszug

„Sag’ mal“, sagte er dann und hielt gleich inne,
„ja?“, fragte sie, „was denn?“,
„sag’ mal“, fing er noch einmal an, „wie geht’s dir eigentlich?“
„Wie’s mir geht?“
„Ja.“
„Wie’s mir geht.“
„Ja. Was machst du so, womit beschäftigst du dich, was interessiert dich?“
„Ja.“ Dann sagte sie nichts mehr. Wahrscheinlich denkt sie nach, dachte Adrian und wartete geduldig. Er konnte längeres Schweigen aushalten, das konnte er schon immer. Ihm machte es nichts aus, wenn keiner etwas sagte, denn wer wüßte besser als er, daß es gar nicht so leicht ist, etwas zu sagen, wenn man eigentlich gar nichts sagen will. Schließlich, und das war ja zu erwarten gewesen, fing sie doch wieder an zu sprechen.
„Weißt du“, sagte sie, „so redet man nicht unter Freunden. Das ist Ausfragen. Das ist kein Gespräch, sondern ein Verhör. So redet man nicht.“
Eine ungewöhnliche Antwort, fand Adrian und sah sofort ein, daß sie vollkommen berechtigt war. Aber er entschuldigte sich nicht, weil er sich noch nie in seinem Leben für irgendetwas entschuldigt hatte; er wußte a) gar nicht, wie das geht, und hatte b) keine Ahnung, bei welchen Gelegenheiten und wofür man sich eigentlich entschuldigte. Oder sogar entschuldigen mußte. Vielmehr fragte er sie, es klang jedoch belehrend:
„Aber wenn man so nicht reden darf, wie kann man denn dann etwas voneinander erfahren?“
Das war eine sehr gute Frage! Wie kann man etwas voneinander erfahren? Wirklich nur, indem man sich die Schädeldecken aufspaltet und einander die Gedanken aus den Hirnfasern zerrt? Gibt es denn keine angenehmere Möglichkeit des Austauschs und der Verständigung miteinander?
„Adrian“, sagte sie schließlich und klang etwas zittrig, also ihre Stimme klang etwas zittrig, „das willst du doch alles gar nicht wissen.“
„Stimmt“, pflichtete er ihr bei.
„Und warum fragst du dann?“
„So halt.“

Ein Roman über die Mitte des Lebens, wenn sich alles noch einmal neu ordnet.

Stop making sense: Antonius versucht der allgemeinen Sinnlosigkeit Herr zu werden, indem er selbst nur noch sinnlose Dinge tut. Darum räumt er Mülltonnen auf. Als er jedoch keine Antwort auf die Frage findet, ob Mülltonnenkontrolle nicht vielleicht doch eine sinnvolle Tätigkeit sei, hört er sofort wieder auf damit.

Renate hingegen möchte gerne verschwinden, weil sie ihr Leben so langweilig findet. Dabei ist gerade ihres recht angenehm. Doch bereitet es ihr keine Freude.

Das ist die Gegenwart, ein heilloses Durcheinander. Die Vergangenheit war nicht besser, im Rückblick jedoch scheint sie wohlgeordnet, auch spielte Antonius in ihr nur eine Nebenrolle. Andere waren aktiver: sie kämpften um ihren Platz auf der Welt oder im Unternehmen; sie verfolgten ein verschwundenes Buch, das wieder aufgetaucht schien; sie waren verliebt oder gerade nicht; Eltern waren ermordet worden, Weltreiche gingen unter. Es war ziemlich viel los damals. Wo ist das alles hin? Und nun ist die Vergangenheit schon größer, als die Zukunft sein wird.

Wie der Müll geordnet wird spielt im kapitalistischen Heute und an der Bruchstelle der Zeiten und Systeme (Berlin 1990), und wie in seinem Vorgänger Treffen sich zwei werden wir in Bann gezogen von dem heiteren und oft auch weniger heiteren Reigen der Beziehungen und Paarungen, die Iris Hanika klug und humorvoll in Szene setzt.

Presse

»Ein ungewöhnlicher und ungewöhnlich witziger Roman – Iris Hanika erzählt mit grosser Lust am virtuosen Sprach- und Formspiel von den Gefährdungen durch Sinnfragen.« (Martin Zingg, NZZ)

»Endlich! Ein Wenderoman aus West-Berliner Sicht! Iris Hanikas Buch ist eine lustige, böse und funkelnde Sprachsymphonie.« (Berliner Zeitung)

»Iris Hanika ist eine spöttische und kluge Beobachterin ihrer Mitmenschen, ihr gelingt eine schneidend scharfe Gesellschaftssatire und Feldforschung in unterschiedlichen Milieus.« (Nicole Henneberg, FAZ)

»Hanika ist eine der wenigen Autorinnen, die deutsche Mentalität scharfsinnig analysiert … Das ist ganz große Literatur.« (Inken Steen, Radio Bremen)

»Gestern, heute und morgen in Berlin – wie immer mit scharfsinnigem Witz und großer Freude an der Sprache.« (Franz Schuh, WDR5)

»Ein Roman, der mit der großartigen Metapher des Müllordnens einen ganz weiten Bogen aufmacht: Es geht um das Verschwinden und Erinnern, um Liebe und Jugend und Alter und letztendlich doch irgendwie um den Sinn des Lebens. In diesem neuen Roman erweist sich Iris Hanika einmal mehr als eine der raffiniertesten Erzählerinnen der deutschsprachigen Literatur, die gekonnt zwischen Witz und Tragik hin und her wechselt.« (Literaturhaus Zürich)

»Mit klugem, humorvollem Blick folgt Hanika ihren Figuren in Zeiten totaler Orientierungslosigkeit.« (Christoph Hartner, Kronenzeitung)

»Iris Hanika hat über diese Schweinerei, dass die Vergangenheit so groß und die Zukunft so klein geworden ist, etwas Gescheites, Lustiges, Originelles, Sprachverliebtes … etwas Wunderbares geschrieben.« (Peter Pisa, Kurier)

»Eine Heiterkeit perlt aus Iris Hanika neuem Roman, und dabei ist das nur ein Köder. Es geht ihr um etwas Ernsthaftes, um die Liebe und wie man sich durch die Zeiten, die immer harte sind, durchschlägt, ohne sein Ich preiszugeben.« (Anton Thuswaldner, Salzburger Nachrichten)

»Wie der Müll geordnet wird offeriert, wie alle Werke Iris Hanikas, wunderschöne Sequenzen, in denen man mit den Protagonisten mitleidet, mit ihrem ganzen Liebeskram und ihrem oft selbst gemachten Kummer. Dieser Roman ist eine unendlich schöne Geschichte.« (Andrea Stift, Wiener Zeitung)

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