Buchcover
Ingeborg Horn

Zwei Stimmen

Liebesgeschichte
2011
gebunden , 13 x 21 cm
160 Seiten
ISBN: 9783854207863
€ 19,00

AUTOREN

Textauszug

Draußen plaudern Jugendliche, in regelmäßigen kurzen Abständen auf die spiegelnden Zugfenster blickend, offenkundig nie zufrieden mit dem eigenen Ebenbild, auch nie überrascht von ihm, stets mit kritisch gerunzelten Brauen dem erkennenden Blick zuvorkommend, abschätzig, enttäuscht, gekränkt schroff sich vom Gesehenen wegwendend, während scheinbar unberührt von den jähen Zwischenbewegungen die Wortwechsel weitergehen. Jeder dieser Lachenden, Sprechenden, lebhaft Gestikulierenden sucht diskret zu übersehen, was unübersehbar ist: dass jeder einzelne mit seinem Abbild, nicht mit seinem Gegenüber unablässige Zwiesprache führt. Und wenn diese Einzelnen sonst durch nichts verbunden sind: Die Geheimhaltung des Leidens am verstohlenen Zerstückeln dessen, was zwischen ihnen geschieht, am stillen Unfrieden zwischen ihnen – diese Scham verbindet sie.
Der unzufriedene Blick in den Spiegel – erben Kinder ihn von ihren Eltern?
Lernen Schüler ihn von ihren Lehrern?
Wirken Spiegel selbst so zwingend, dass, wer hineinsieht, sich prompt korrigiert, verzerrt, verfälscht, einem Wunschbild zuliebe?
Nichts macht derart zuverlässig einsam wie das Wünschen.
Nichts macht derart zuverlässig aus Liebesgeschichten Gespenstergeschichten.

Es gibt nicht viele Bücher, die sich so weit von den Konventionen des Erzählens befreien, dass sie der menschlichen Erfahrung von Lieben und Getrenntsein eine Unmittelbarkeit abgewinnen, mit der niemand mehr gerechnet hätte.

Schon in ihrem ersten Buch hat sich Ingeborg Horn an die Neuschreibung einer mythologischen Figur gewagt, der Meerjungfrau; fast zehn Jahre später widmet sie sich nun wieder einer Kunstfigur und macht daraus eine Deutung von Einsamkeit und Zugehörigkeit: In Zwei Stimmen ist es Solveig, von der wir nicht viel mehr wissen, als dass sie Jahrzehnte lang in ihrer Waldhütte auf die Rückkehr Peer Gynts wartet. Die Kapitel von Zwei Stimmen heißen daher z.B. »Gehen«, »Fortgehen«, »Heimkehr«.

Eine in der zeitgenössischen Prosa ganz außergewöhnliche Konzentration herrscht in diesem Buch, eine Konzentration auf die nahezu philosophische Erfahrung von Liebe und Zugehörigkeit, aber auch auf die Wahrnehmung der äußeren Welt, der die Sprecherin schutzlos gegenübertritt. Ungeheure Wachsamkeit gegenüber der Natur und ihren langsamen, tagtäglichen Veränderungen bestimmt diesen Roman, der sich ganz den vielen Facetten der Zweiheit hingibt, dem klassischen Prinzip ich/du zuerst, aber auch Freundschafts- und Liebespaaren – und nicht zuletzt auch dem Paar Leser und Autor. Eine in ihrer Strenge wahrhaft lohnende Lektüre!

Presse

»Ein Buch, das durch Klarheit und Klugheit besticht.« (Hedwig Wingler, manuskripte)

»Die knapp 160 Seiten sind von Melancholie durchzogen, sie bewegen, bestürzen, geben aber dann doch Hoffnung. Denn das Ich strahlt eine ungeheure Stärke aus und nährt sich an dem Du – dem Geliebten, der fern, aber im Herzen nah ist.« (Emily Walton, Literaturhaus Wien)

»Sie können dieses Buch eigentlich nur zu Ende lesen, wenn die Wunden vom letzten Aufprall noch nicht ganz verheilt sind. Es ist ein Buch um zu heilen.« (Kathrin Kuna, DUM)

»Ein schönes, nachdenklich machendes Buch. Zwei Stimmen löst den durchaus ›hohen‹ Anspruch, den es an die Liebe stellt, selber ein.« (Andrea Winkler, ORF ex libris)

»Zwei Stimmen lehrt uns das stille Staunen.« (Jutta Heinrich, Literaturzentrum Hamburg)

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