Buchcover
Reinhard P. Gruber

Aus dem Leben Hödlmosers

Ein steirischer Roman mit Regie. Werke Band 4
1999
gebunden , 13 x 21 cm
112 Seiten
ISBN: 9783854205265
€ 19,00

AUTOREN

Textauszug

die steirische hochzeitsgeschichte

sehr steirisch gekleidet betreten hödlmoser, fani und schurl die katholische kirche von weistrach in niederösterreich.
heute ist hödlmosers vetter sepp zum heiraten dran.
durch seine hühnerzucht hat sich der sepp schon in jungen jahren einen guten namen gemacht; auch ein kleinkind hat er sich schon geleistet.
jetzt tritt der vetter sepp mit den vielen verwandten vor den traualtar, hinter dem der priester steht.
sehr schnell hat sich schurl mit der kleinen schönen annamirl aus der weiteren verwandtschaft befreundet; schon legt er seinen arm um annamirls schultern.
beim heiraten muß schurl immer ans doktorspielen denken.
als schließlich das schüchterne ja der braut ertönt, weint schurl tränen der freude und drückt die annamirl an sein herz.
da aber dreht sich der hödlmoservater um und hebt bedrohlich den rechten zeigefinger; jetzt schüttelt er auch noch den kopf.
da erkennt schurl, daß er noch zu jung ist.
»so ein schlimmer bub«, sagt hödlmoser leise zu fani.

regieanweisung zur szene schurl/annamirl

die beiden geschlechtspartner nähern sich dem weistracher traualtar.
auch die feiernde gemeinde nähert sich.
schurl findet die freudige zeremonie mit den lustigen menschen sehr erogen.
gleich stellt sich schurl hinter annamirl und versucht, ihre sekundären geschlechtsmerkmale zu erkennen.
schurl weiß zwar, daß die primären erst nach der eheschließung besichtigt werden dürfen, bedauert dies aber.
»ich spreche als arzt«, flüstert schurl annamirl ins ohr, »und bitte um äußerste sauberkeit beim zuhören.«

Der »Klassiker der steirischen Nationalliteratur« erschien 1973 und machte seinen Autor schlagartig zu einer Institution. Gruber gilt als das das klassische Beispiel einer seltenen Gattung: der spöttische Heimatdichter. Seit nun fast einem halben Jahrhundert bewährt sich der Hödlmoser als Prototyp moderner romantischer Ironie. R. P. Gruber legte darin ein verspieltes Modell eines Romans vor, der das Erzählen und den Kommentar zur Erzählung amüsant und hintersinnig miteinander verknüpfte und die verschiedensten Stilebenen von vulgär bis wissenschaftlich nebeneinander montierte.

Zur Freude am literarischen Spiel kommt die liebevolle Respektlosigkeit gegenüber dem Prototypen des »wilden Steirers«: Gruber exemplifiziert an seinem Hödlmoser, »wie wir steirer leben«, »was wir steirer sind« und »was wir steirer wollen«. Das Ergebnis ist ein Pop-Roman mit Gamsbart, eine Philosophie-Parodie im Steireranzug.

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