Buchcover
Helmut Mayer

Kontra!

Zu Henri Michaux
2012
englische Broschur , 11,5 x 17,5 cm
120 Seiten
ESSAY 65
ISBN: 9783854208327
€ 14,00

AUTOREN

  • Helmut Mayer

BUCH ÜBER

Textauszug

»Wird es denn möglich sein, anders als mit Zeichnung und mit Musik zu sprechen?« Die Frage, die sich in einem Brief an Jean Paulhan aus den Kriegsjahren findet, bekommt vor diesem Hintergrund einen recht grundsätzlichen Klang. Michaux scheint auf den ersten Blick, um es mit einem Begriff eben jenes Paulhan zu sagen, ein hervorstechender Vertreter der »literarischen Terreur« zu sein, die auf der Zerstörung eingeschliffener Sprachformen besteht. Aber im Unterschied zu den Maximen der modernen literarischen Schreckensmänner imaginiert er nicht, dass jenseits solcher Befreiung von vernutzten Worten das Reich einer neuen und substantiellen literarischen Sprache liege. Michaux ist hier – das zeigen auch seine Verwahrungen gegenüber einem kunstreligiösen Ton – konsequenter. Er visiert das Überschreiten der Sprache selbst an. Wobei nicht nur an die Zeichnungen und Malereien insgesamt zu denken ist: Entlang der Berührungslinie der Felder von Malerei und Texten liegt das Terrain, auf dem Michaux seinen Träumen von anderen, graphisch getragenen Sprachen oder auch Vor-Sprachen nachhängt.
Fremde Sprachen und Schriften kommen ihm dabei zu Hilfe. An ihnen kristallisieren sich für ihn die Gegenbilder einer ursprünglicheren Zeichengebung heraus. So sehr sich Michaux in seinen auf den frühen Reisen nach Indien, China und Japan entstandenen Büchern auch darum bemüht, alle Formen des Exotischen zu meiden – mit Reiseschriftstellern wollte der »Barbar« nun wirklich nicht verwechselt werden –: Wenn es um diese Gegenbilder ging, wurde die Fremdheit des Ausdrucks oft zu einem wesentlichen Element.
Es mussten nicht Sprachen, es konnten auch Gesten sein oder der Tanz, für den ihm im Fernen Osten die Augen aufgingen: Der Tanz ist die ausgreifende Geste, Rückkehr zum Körper, dem Statthalter der zu Kompensation und Befreiung drängenden Impulse.

Es ist erstaunlich: Henri Michaux ist ein für Kunst und Literatur des 20. Jahrhunderts grundlegender Künstler, seine Positionen, seine Arbeiten, sein Stil sind unvergleichlich – und dennoch gibt es im deutschen Sprachraum nicht allzu viel an Literatur, die tatsächlich Wesentliches über ihn formulieren würde. Obwohl erste Übersetzungen schon in den 30er Jahren erschienen und sein Werk bis heute immer wieder neu übersetzt wird, haben sich nach Max Bense, Paul Celan, Helmut Heißenbüttel nicht mehr allzu viele deutschsprachige Autoren und Literaturwissenschafter über ihn geäußert.

Helmut Mayers Kontra! ist die knapp gefasste Studie über einen exemplarischen Künstler der Moderne, dessen Werk aus seinem Ungenügen an der Sprache erwächst. Mayer widmet sich dem literarischen wie dem zeichnerischen Werk Michaux’, seiner Darstellung von Körperphantasien, der Umsetzung seiner drogeninduzierten Erfahrungen und auch seiner Beschäftigung mit der Figur des Heiligen.

Die meist sprachkritisch fundierte Position der literarischen Moderne erhält bei Michaux eine eigene Färbung: Ein Autor, der ständig unterwegs ist, immer im Aufbruch, in eine eigene Sprache, eine eigene Schrift …

Presse

»Es ist an der Zeit, daß die Größe Michaux’ endlich begriffen wird und Eingang ins allgemeine Bewußtsein findet. Darum ist ein Buch wie dieses von Helmut Mayer willkommen.« (Eberhard Geisler, Romanische Nachrichten)

»Die derzeit erhellendste und ohne Zweifel hinreißendste Einführung auf Deutsch in den wilden, brüchigen, fragmentarischen, gewaltig ausgreifenden, sprühenden Kosmos des literarischen Außenseiters.« (Alexander Kluy, Der Standard)

»Ein brillanter Essay über einen Meister der Transrealität.« (Ingeborg Waldinger, Wiener Zeitung)

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