Mike liegt unter dem Baum. Jane liebt Mike. Sie liegt daneben. Ich liebe es, mit dir unter dem Baum zu liegen, sagt Mike. Warum liebst du nicht mich, fragt Jane. Weil das Liegen leichter zu lieben ist, sagt Mike, ich liebe es, wenn das Lieben leicht ist. Jane weint. Warum weinst du, fragt Mike. Ich liebe es nicht, wenn das Lieben so schwer ist, sagt Jane. Doch, sagt Mike, das liebst du, mich.
Mike liegt unter dem Baum. Jane liebt Mike. Sie liegt daneben. Mike ist bleich. An was denkst du, fragt Jane. Zu kompliziert, sagt Mike. Gib mir ein Stichwort, sagt Jane. Spargel, sagt Mike. Dünn, sagt Jane. Mike weint. Warum weinst du, fragt Jane. Nie mehr geb ich dir ein Stichwort, sagt Mike. An dir ist was dran, sagt Jane. Wo denn, fragt Mike. Innerlich, sagt Jane. Mike weint. Warum weinst du, fragt Jane. Es ist innerlich, sagt Mike.
Mike liegt unter dem Baum. Jane liebt Mike. Sie liegt daneben. Du bist der erste Mann, sagt Jane, mit dem ich so herrlich schlafen kann. Im Sinne von schlafen, fragt Mike, dormir? Dormir, sagt Jane, das ist herrlich mit dir. Ich bin der erste Mann, den du nicht liebst, sagt Mike, nicht als Mann, ich bin dein Kuscheltier. Avec plaisir, sagt Jane. Mike weint. Du lügst, sagt Mike, wer so zufrieden ist, der lügt. Ich bin so sauzufrieden, sagt Jane, ich schnappe fast über vor Zufriedenheit. Wenn du mich liebstest, sagt Mike, dann schnapptest du nach mir.
An die 90 Mal liegt Mike unter einem Baum, Jane liegt daneben und liebt ihn. Das ist die Versuchsanordnung in Birgit Kempkers Mike und Jane, einer Abfolge von Dialogen zwischen ihm und ihr, in denen 90 Mal die Liebe zu Fall kommt. Er missversteht sie, sie fehlinterpretiert ihn. »Liebe hat nichts mit verstehen zu tun, sagt Mike, im Gegenteil.«
Der Sprachwitz, mit dem Kempker diese knappen Szenen skizziert, schafft äußerstes Lesevergnügen – und lustvolle Erkenntnis. Die Konzentration dieser Texte verwandelt sie in vieles gleichzeitig: in Exerzitien, in Fallbeispiele, in Witze, in Sprachspiele, in Comics. Körper und Seele werden in ihnen im selben Maße verhandelt wie die Sprache, die im übrigen keine Berührungsängste kennt, denn die Miseren zwischen den Geschlechtern haben nun mal eben mit dem Geschlecht zu tun – und das Sexuelle ist der Sprache von Mike und Jane tief eingeschrieben.
Birgit Kempker ist eine Spezialistin für die turbulenten Zustände in engen Verhältnissen, und Mike und Jane ist ihr bisher unanständigster Versuch, dem chaotischen Misslingen der Affären eine geordnete Rede entgegenzusetzen.
»Ein furioser literarischer Modellversuch über die Aporien und Abgründe einer Sprache der Liebe.« (Basler Zeitung)
»Welch Lust! Welch Lesevergnügen! (…) Die Szenen haben es in sich: Liebe, Lachen, Spaß am Leben.« (Blitz)