Buchcover
Elfriede Czurda

Wo bin ich Wo ist es

Sindsgedichte
2002
gebunden , 13 x 21 cm
120 Seiten
ISBN: 9783854205975
€ 18,00

AUTOREN

Textauszug

wie sage ich daß ich traurig bin?
sage ich dann ich?
sagt dann die trauer trauer?
sagt daß daß und bin bin?
sagt die trauer: in dieser falte?
sagt die trauer: hier lauert?
sagt daß: daß ich ist? daß daß ist?
sage dann ich: wie?
wie ist die trauer? wer sagt es?
wie ist die trauer? wer sagt es mir?
wie ist die trauer? versagt sie?
die trauer lauert im ich?
in der falte des ich lauert die trauer?
in der einfalt des ich trauert das ich?
ich trau dem ich nicht?
und nicht der einfalt?
ich lauere dem daß auf?
ich lauere dem bin auf dem trauersinn?
ich lauere der falte im sinn auf?
ich versage dem ich sinn und lauer?
ich versage dem daß sowohl ich wie auch bin?
ich versage? sowohl ich wie ich bin?
wie auch daß ich versage sage ich?
ich trauer sage ich?
bin trauer sage ich?
daß trauer daß versagen daß lauer sage ich?
entfalte trauer sagt trauersinn?
bin daß ich trauer sage?
bin trauer? bin traurige trauer?
daß todtraurige trauer bin ich dem sinn?
der sechste todtraurige sinn?

Elfriede Czurdas Gedichte seien »›ritualisierte Litaneien‹, die subtil oder mit trotziger Wahrhaftigkeit von privatem Unglück sprechen und doch eine große Misere meinen«, war in der NZZ zum Band UnGlüxReflexe (1995) zu lesen. Die Mittel allerdings, derer sich Elfriede Czurda bedient (oder die sich ihrer bedienen), sind heiter und gewitzt, in ihnen zumindest waltet der Verstand, wenn auch über Abgründen der Unvernunft. Die Autorin bringt das ganze Arsenal an Techniken, die OULIPO (die Werkstatt für potenzielle Literatur) entwickelt hat, zur fröhlichen Anwendung, jedoch: »… die wellen von lust/ von weltuntergang/ aufstehn am morgen …«

Gegen die Zumutungen des Lebens hat die Dichterin nur das Alphabet zur Hand, und auch darauf ist nicht immer Verlass. Nicht die souveräne Autorin und ihr rundum abgeschlossenes Werk versammelt dieser Gedichtband. Vielmehr sind es viele Anläufe in vielerlei Techniken, den allgemeinen Unzumutbar­keiten etwas entgegenzusetzen, was durchaus fragmentarisch auftritt, sich mit dem Un-Sinn verbandelt und der Herrschaft des Ichs entsagt.

Im höchsten Maße besitzen diese Gedichte jenen unnachahmlichen, speziell österreichischen Witz der Verzweiflung, der einige der besten Lyriker des Jahrhunderts kennzeichnete: »die tage sind dem ab/ dem aberwitz dem/ abgrund zu/ und drüben auf dem/ andern seile singt lieb ein/ drama seine letzte/ stufe steigt von vers/ zu vers dem/ abschied in den rachen«.

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